Ostersonntag

Ostersonntag

Texte und Lieder der Osternacht> können genutzt werden.

ZUM BEDENKEN:

Ostern nach Johannes: Wir steigen nähern uns über Fürst Myschkin: Haupt”held” in Dostojewskis Buch „Der Idiot“ – übrigens ein Christusroman.
Einige Frauen lieben den Fürst, lassen ihn aber wegen seiner großen Reinheit nicht an sich heran. Eine sagt zu ihm: „Es gibt zwei Arten von Verstand,
einen Hauptverstand und einen nicht so wichtigen. Und Sie haben einen Hauptverstand, wie die Leute es sich nicht einmal träumen lassen.“
(F. M. Dostojewski, Der Idiot, München 1958, 656.)

Im Glauben wird ein Verstehen erschlossen, das alles ins Licht des lebendigen GOTTES rückt. Ostern geht es um unseren Hauptverstand,
der nicht nur kalkulieren und sortieren kann. Es ist ein Geschmack dafür, dass in uns noch ganz andere Kräfte am Werk sind als die, die unser Alltag zulässt.
Wir regen unseren Hauptverstand, dieses kostbare Sensorium an. Dazu stellen wir uns einen Garten vor.

Das Gras ist noch nass vom Tau. Was riechen wir zuerst? Was blüht schon? Haben sie den verrückten Amselmann vom Vorjahr wieder gehört und gesehen?
Er hat weiße Flügelspitzen und hüpft wie leicht testosteronverseucht über die erwachende Wiese. Und singen kann der! Laut dem Evangelisten Johannes gilt:
„Willst Du Jesus mit den Seinen treffen, sieh zuerst in Gärten nach!“ In einem Garten ist er auch verraten worden. Ein anderer Garten war nahe an seiner Richtstatt
und da lag er eben noch begraben. Aber nun ist er weg. Maria aus Magdala, war schon einmal, vorm Vogelsang, hier. Sie hat ihn nicht finden können.
Den Männern hatte sie Bescheid gesagt. Johannes und Petrus hatten sich ein Wettrennen zum leeren Grab geliefert. Aber damit war nichts geklärt.
Jetzt ist Maria Magdalena wieder hier. Wir sind in Gedanken bei ihr und lauschen einer der schönsten Geschichten der Bibel:

LESUNG: Johannes 20,11-18 (Übersetzung Fridolin Stier)

11 Maria aber stand weinend außen am Grab. Wie sie dahinweinte, bückte sie sich ins Grab hinein.
12 Und sie schaut zwei Engel, in Weiß dasitzend – einen beim Kopf und einen zu Füßen, wo der Leib Jesu gelegen.
13 Und die sagen zu ihr:
Frau, was weinst du?
Sagt sie zu ihnen:
Meinen Herrn haben sie weggeholt, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
14 Sie sprach das und wandte sich zurück – da schaut sie: Jesus steht da. Sie wußte aber nicht, daß es Jesus war. 15 Sagt Jesus zu ihr:
Frau, was weinst du? Wen suchst du?
Da sie wähnt, es sei der Gärtner, sagt sie zu ihm:
Herr, wenn du ihn weggetragen hast, sprich zu mir, wo du ihn hingelegt hast, damit ich selber ihn weghole.
16 Sagt Jesus zu ihr:
Maria!
Die wendet sich um und sagt hebräisch zu ihm:
Rabbuni!
Das heißt: Lehrer!
17 Sagt Jesus zu ihr:
Halt mich nicht fest! Denn noch bin ich nicht zum Vater aufgestiegen. Doch geh zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen:
Ich steige auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.
18 Maria aus Magdala geht und kündet den Jüngern an:
Ich habe den Herrn gesehen!
Und das habe er zu ihr gesprochen.

I: Trauer:
Maria von Magdala ist voller Trauer. Es fehlt wer; nicht irgendwer; Ihr Geliebter? Sein Ende war grauenhaft. Doch damit nicht genug.
Jetzt ist sogar sein Leichnam weg. Wo soll Maria ihre Trauer verorten? Ein leeres Grab erzeugt kein Ostergefühl.
Ostern bedeutet, den Tränen, dem Schmerz, Raum gewähren. Nichts davon soll heute zu einem falschen Grinsen verbogen werden.
Als erstes kommt Maria an Engeln vorbei.
Engel sind in der Bibel zumeist dann angesagt, wenn ohne sie eine Geschichte steckenbleiben würde. Aber zu Ostern sind auch sie mit ihrem Latein am Ende.
Sie haben nur eine vergleichsweise hilfl ose Frage: „Warum weinst Du?“ Sie bekommen ihre Antwort im Vorübergehen und geraten sogleich aus dem Blick.
Maria zieht einfach an ihnen vorbei.

II: Jesus als Gärtner – ein produktives (Miss)Verständnis – :
Wie sieht der Auferstandene aus? Die Kunst hat ihn gemalt: Im besten Fall wie einen Entronnenen. Navid Kermani beschreibt in seinem Buch: „Ungläubiges Staunen“:

„Giovanni Bellini schenkte 1465 dem Kloster Santo Stefano in seiner Heimatstadt Venedig einen Auferstandenen, der realistischer gemalt ist als alle, die ich sah…
ein Entronnener. Er ist glücklich, ja, aber so erschöpft wie jemand, der nach langer, hoffnungslos scheinender Krankheit zum ersten Mal wieder vor die Tür tritt
oder nach schwerem, mit letzter Kraft gewonnenem Kampf die Hand zu einer kurzen Geste des Triumphs hebt…“ (S.90f.)

(Giovanni Bellini 1465)

…Nichts vergisst der Auferstandene dem Leben, nichts beschönigt er am Sterben. Um so tiefer fühlt er die Erlösung, daß er den Tod besiegt hat.
Um so größer ist unsre Hoffnung: Besiegt werden kann der Tod.“
(S. 90f.)

Maria trifft Jesus, ohne ihn zu erkennen. Dass sie ihn für einen Gärtner hält, ist ein schönes Bild. Indem Maria den Herrn (vermeintlich) nicht erkennt,
hat sie ihn genau erkannt. Christus ist der wahre Gärtner. Der Tod und seine Gehilfen sagen uns: „Pass auf, wir kommen! Das Paradies ist verloren.
Wir verwandeln Gärten in Leichenfelder! Für Dich haben wir da schon reserviert!“ Aber da steht der Auferstandene- auf alten Bildern oft mit einem Spaten.
„Ich stärke in Euch die Sehnsucht nach dem Gottesgarten. Das ewige Leben wartet auf Euch. Jeder Garten in dem ihr steht,
und sei es ein Friedhof duftet etwas danach.

Und wer kann so gut wie Gärtner warten, bis etwas keimt und wächst?“ So wird es auch mit dem Osterglauben der Maria sein.

III: Das Gespräch
Und dann wird sie angerufen: „Maria!“ An diesem Wort erkennt sie Jesus. Ist es wie ein Kosewort? Es sagt mehr, als ausgesprochen und aufgeschrieben ist.
Es gleicht dem Schöpferwort, das einen Menschen beim Namen und so ins Leben ruft (vgl. Jes 43, 1).Vielleicht erinnern sie sich an Peinlichkeiten,
wenn ein Mensch den Kosenamen seiner/seines Geliebten ausplaudert. Meine Mutter ist immer ganz rot angelaufen, wenn es meinem Vater passierte und ihm „Mäusetierchen“ heraussprudelte.
„Maria!“ -. „Rabbouni“ Ein so intimes Gespräch ist unübersetzbar!

Da ist es, das wilde, kurze, aufblitzende Osterglück! Ein neuer Blick ergibt sich. „Blick“ ist als Wort mit „Blitz“ verwandt.
„Der Krebsgang des wiederholenden Sehens wird durchbrachen durch ein Anderssehen, das im wiedererkennenden Sehen rumort und das immer aus den gewohnten Bahnen herausdrängt…“ (Bernhard Waldenfels, Sinnesschwellen, S. 124ff).
Das sind leise Töne, die zartesten, die das Osterfest kennt.

IV: Noli me tangere: „Halte mich nicht fest!“
…Das ganze Osterglück der Maria von Magdala ist zwar intim aber nicht ganz freiwillig so keusch! Ein Zitat aus dem Hohen Lied ist hier versteckt:
Hohelied 3,4: ,,Als ich ein wenig an ihnen vorüber war, da fand ich, den meine Seele liebt. Ich hielt ihn und ließ ihn nicht los, bis ich ihn brachte in meiner Mutter Haus,
in die Kammer derer, die mich geboren hat.“ – Maria will sich auf ihn stürzen, den sie liebt.
Aber ach: schade! – Auferstehung heißt nicht eine 2. Runde auf der Erde! Der Auferstandene ist nicht in den Körper des Verstorbenen zurückgekehrt.
Maria braucht eine gärtnerisch lange Zeit, dies zu begreifen. Die Auferstandenen- wir freuen uns aber schon einmal, dass sie berührbar bleiben.
Nur festhalten kann man sie nicht. Maria von Magdala jedenfalls ist auch die Schutzheilige aller derer, die körperlich unerfüllt lieben müssen….
Und Ostern hat etwas mit der Lebenskunst des Loslassens zu tun. Reisende, solche, die zum Vater unterwegs sind, soll und kann man gar nicht aufhalten!
Wer die Toten loslässt, lässt sie nicht fallen, sondern übergibt sie dem Vater – der Lebenden und der Toten.

V. Und nun?
Maria wird zu den Jüngern geschickt. Plötzlich redet Jesus so: „Eurem Vater“, „meine Geschwister“. Und das ist wunderbar.
Seit Jesus auferstanden ist, sind wir seine Geschwister und uns unserer Gotteskindschaft anders bewusst. Auch wir dürfen auf ein Ostern hoffen.
Wir sind aus der Gefangenschaft des Todes befreit. Und wenn wir Tote oder Unlebbares loslassen müssen, damit wir weiter leben,
lassen wir sie/es nicht ins Leere stürzen sondern übergeben sie/es unserem Vater. Nichts wird bei ihm umsonst sein. Denn Jesus ist gestorben und auferstanden.
Amen

LIED: z. B. noch einmal “Christ ist erstanden” (EG 99)

SEGEN:

Alle: Jesus Christus, Retter, der unsere Hoffnung erneuert und den Himmel über uns weit geöffnet hält,
hat uns durch die Tage seines Leidens zur österlichen Freude geführt; er geleite uns alle Tage des Lebens bis zu der Osterfreude, die niemals endet.
Amen

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